TYP:
Mercedes-Benz 190 SL (W 121)
Baujahr: 1955 – 1963
Hersteller: Daimler-Benz AG, Stuttgart
Max Hoffmann, einflußreicher US-amerikanischer Mercedes-Importeur, machte 1953 den Vorschlag für einen sportlichen “Boulevard-Roadster” und fand offene Ohren in Stuttgart. Optisch angelehnt an den 300 SL Flügeltürer, preislich allerdings deutlich unterhalb des 300 SL, sah Hoffmann einen Markt für einen Mercedes Tourensportwagen. Bereits 1954 wurde eine erste Studie in New York vorgestellt. Der neu entwickelte 1,9 Liter-Vierzylindermotor leistete 105 PS und ermöglichte eine Spitze von 170 km/h. Die Serienfertigung startete ein Jahr später und gegenüber dem 300 SL war der 190er mit 17.000 DM etwa halb so teuer. Damit war der Mercedes 190 SL außer für amerikanische Kunden auch für die gehobene Gesellschaft der aufstrebenden Bundesrepublik erreichbar. Als das Frankfurter Edel-Callgirl Rosemarie Nitribitt 1957 ermordet wurde, ging die Geschichte der jungen blonden Dame mit ihrem auffälligen schwarzen 190 SL durch die Weltpresse. Danach war das Auto in aller Munde und so fanden sich von 1955 bis 1963 fast 26.000 Käufer (-innen) für den offenen Sportzweisitzer. Ein schöner Erfolg für das Stuttgarter Unternehmen, der allerdings vom Mercedes “Pagoden”- SL als Nachfolgemodell noch deutlich übertroffen wurde.
Auf ähnlichem Weg, wie der 300 SL durch Verwendung bereits vorhandener Baugruppen entstanden war, wurde auch auf der Basis des Typ 180 ein sportliches Modell entwickelt. Der 190 SL, von vornherein als Roadster konzipiert, war aber im Gegensatz zum berühmten Flügeltüren-Coupé kein reinrassiger Sportwagen, sondern ein sportlich-elegantes zweisitziges Reise- und Gebrauchsfahrzeug. Die von Karl Wilfert und Walter Häcker entworfene Karosserie war stilistisch eng an den großen Bruder angelehnt. Als Fahrwerk wurde die verkürzte Rahmenbodenanlage des 180 verwendet; ein aufwendiger Gitterrohrrahmen wie beim 300 SL war aufgrund der weniger extremen Fahrleistungen nicht erforderlich. Für sichere Fahreigenschaften, von Presse und Fachpublikum allgemein gelobt, sorgte die bereits vom Typ 220 a bekannte Eingelenk-Pendelachse mit tiefgelegtem Drehpunkt. Die Vorderrad-Aufhängung einschließlich des Fahrschemel-Konzepts hatte man von den Typen 180 / 180 D übernommen. Angetrieben wurde der 190 SL von einem neu entwickelten 1,9-l-Vierzylinder-Aggregat mit obenliegender Nockenwelle, das als Urvater einer ganzen Motorenfamilie fungierte und ab 1956 in gedrosselter Ausführung auch in die Ponton-Limousine Typ 190 eingebaut wurde. Auf dem Fahrschemel war der Motor zunächst, wie bei den Limousinen 180 D – 220 a, nur vorn gelagert; ab Januar 1956 kam jedoch ein modifizierter Fahrschemel zum Einsatz, der hinten zwei zusätzliche Auflagepunkte für den Motor aufwies und wenig später dann auch für die neuen Typen 190 und 220 S verwendet wurde.
Der Öffentlichkeit präsentiert wurde der 190 SL gemeinsam mit dem 300 SL auf der im Februar 1954 veranstalteten “International Motor Sports Show” in New York. Während der 300 SL als weitgehend seriennahes Exemplar gezeigt wurde, war der ausgestellte 190 SL noch ein Prototyp, der weder technisch erprobt noch stilistisch vollkommen ausgereift war. In beiden Punkten wurde der 190 SL sorgfältig überarbeitet, so dass der Beginn der Serienproduktion noch bis Januar 1955 (Vorserie) bzw. Mai 1955 (Hauptserie) auf sich warten ließ. Die endgültige Ausführung, auf dem Genfer Automobil-Salon im März 1955 erstmals öffentlich gezeigt, präsentierte sich dann auch mit von außen deutlich erkennbaren Unterschieden: Die am stärksten ins Auge fallenden Änderungen waren der Wegfall der stilisierten Ansaughutze auf der Motorhaube, die nach hinten verlegte Vorderkante der Motorhaube, Lanzetten nun auch über den hinteren Radausschnitten sowie modifizierte Stoßstangen und Blink- bzw. Rückleuchten.
Lieferbar war der 190 SL in drei verschiedenen Ausführungen: als Roadster mit Verdeck, aber ohne Coupédach sowie als Coupé mit abnehmbaren Hardtop, wahlweise mit oder ohne Verdeck. Eine weitere, in den ersten Prospekten dargestellte Alternative, den 190 SL für sportliches Fahren mit Sporttüren aus Leichtmetall und kleiner Renn-Windschutzscheibe aus Plexiglas auszurüsten, wurde seit Frühjahr 1956 nicht mehr propagiert. Ein mit den genannten sportlichen Accessoires umgebautes Fahrzeug wäre bei sportlichen Wettbewerben als Seriensportwagen eingestuft worden und damit absolut chancenlos gewesen. Die Einstufung als GT-Fahrzeug verhinderte ein FIA-Beschluß, demzufolge sich auch ein Gran Turismo vollständig schließen lassen mußte, eine Bedingung, die der umgerüstete SL eindeutig nicht hätte erfüllen können.
Von den zahlreichen Detailverbesserungen, die dem 190 SL in seiner Produktionszeit zugutekamen, sind einige auch äußerlich deutlich erkennbar: Im März 1956 wurden breite Chromleisten am oberen Türabschluß eingeführt, und im Juni des gleichen Jahres erhielt der 190 SL die größeren Rückleuchten der Typen 220 a, 219 und 220 S. Im Juli 1957 wurde die hintere Kennzeichenbeleuchtung in die Stoßstangenhörner verlegt, so dass einer Montage der seinerzeit eingeführten breiteren Kennzeichenschilder nichts mehr im Wege stand. Damit gehörten die Stoßstangenhörner, mit denen man zuvor nur die USA-Ausführung serienmäßig ausgerüstet hatte, hinten zur Grundausstattung, waren aber vorn weiterhin nur gegen Aufpreis lieferbar. Ab Oktober 1959 erhielten die Coupés ein neues Hardtop mit vergrößerter Heckscheibe, die deutlich verbesserte Sichtverhältnisse garantierte. Schließlich wurde im August 1960 das Schloß des Kofferraumdeckels geändert; gleichzeitig ersetzte ein Muschelgriff, der auch bei den Typen 180 Db – 190 b montiert wurde, den zuvor verwendeten Bügel.
Wie beliebt und erfolgreich der 190 SL seinerzeit war, läßt sich aus den Produktionszahlen ersehen: zwischen Mai 1955 bis Februar 1963 entstanden in Sindelfingen 25.881 Exemplare, ein Großteil davon für den US-Markt.












